Lesezeit: 5 min
Hypertrophie: alles über Muskelwachstum durch Training
Vielleicht hast du den Begriff 'Hypertrophie' schon mal im Zusammenhang mit Krafttraining gehört. Kein Wunder, denn im Grunde ist das wahrscheinlich genau das, wofür du beim Krafttraining ins Schwitzen kommst. Bist du neugierig, was Hypertrophie genau bedeutet, wie Muskelwachstum funktioniert und wie du am besten für Hypertrophie trainieren kannst? Dann bist du hier genau richtig, lies schnell weiter.
Was ist Hypertrophie?
Hypertrophie bedeutet wörtlich „übermäßige Ernährung“ oder „Verdickung“. Es kann in verschiedenen Geweben und Organen deines Körpers stattfinden, aber in Kombination mit Training meinen wir mit Hypertrophie Muskelwachstum.
Obwohl Hypertrophie, besonders wenn du mit dem Training beginnst, natürlich mit einer Zunahme der Muskelkraft einhergeht, ist das Hauptziel größere Muskeln: eine Zunahme der Muskelmasse. Muskelkraft und Muskelwachstum sind miteinander verwandt, aber nicht dasselbe. Training für Hypertrophie erfordert daher einen anderen Ansatz als Training für Muskelkraft.
Der Unterschied zwischen myofibrillärer und sakoplasmatischer Hypertrophie
Technisch gesehen gibt es 2 Formen der Hypertrophie: sakoplasmatisch und myofibrillär. Ersteres können wir als eine temporäre Form der Hypertrophie betrachten, letzteres als die primäre und funktionale Form der Hypertrophie, auf die wir in diesem Artikel den Fokus legen. Die größten Unterschiede auf einen Blick:
Myofibrilläre Hypertrophie |
Sakoplasmatische Hypertrophie |
Die Muskelzunahme erfolgt durch die Vergrößerung der Myofibrillen (Proteinketten, die die Kontraktion des Muskelgewebes ermöglichen), wodurch die Muskelfaser dicker wird |
Die Muskelzunahme erfolgt durch eine erhöhte Speicherung von Glykogen und Wasser in den Muskeln, was zu einer Schwellung führt |
Zunahme der Muskelkraft |
Keine Zunahme der Muskelkraft |
Nachhaltig: Kein sofort sichtbarer Unterschied, wenn du vorübergehend mit dem Training aufhörst |
Nicht nachhaltig: Innerhalb kurzer Zeit sichtbarer Unterschied, wenn du vorübergehend mit dem Training aufhörst |
Eher ausgelöst durch Training mit schwerem Widerstand und längeren Pausen (wie Powerlifter) |
Eher ausgelöst durch Training mit mittelschwerem Widerstand und kürzeren Pausen (wie Bodybuilder) |
Hypertrophie versus Hyperplasie
Wie Muskeln wachsen: Die Prinzipien hinter Hypertrophie
Es gibt 3 Faktoren, die den Prozess der Hypertrophie in Gang setzen. (1)
1. Mechanische Spannung
Mit mechanischer Spannung meinen wir die Spannung, die auf deine Muskeln entsteht, wenn du sie unter Belastung dehnst oder anspannst. Mit anderen Worten: Mechanische Spannung entsteht, wenn du deine Muskeln mit schweren Gewichten arbeiten lässt. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Muskelwachstums.
Mechanische Spannung umfasst die gesamte Zeit, die ein Muskel unter Spannung steht, und wie hoch diese Spannung ist. Im Laufe der Zeit gewöhnen sich deine Muskeln an einen bestimmten Reiz, wenn dieser unverändert bleibt. Um Hypertrophie weiterhin zu stimulieren, muss daher immer progressive Überlastung angewendet werden, zum Beispiel durch Erhöhung des Gewichts, Vergrößerung der Wiederholungen oder Verlängerung der Zeit unter Spannung.
2. Metabolischer Stress
Was du während eines Trainings als den „Pump“ und als Brennen empfindest, ist in Wirklichkeit die Ansammlung von Abfallstoffen im Muskel, die entsteht, wenn du eine höhere Anzahl von Wiederholungen einer Übung ausführst. Das nennen wir metabolischen Stress. Obwohl metabolischer Stress kein wesentlicher Bestandteil des Muskelwachstums zu sein scheint, deuten verschiedene Studien darauf hin, dass er dennoch einen hypertrophischen Effekt auf deine Muskeln haben kann.
3. Muskelschäden
Dies ist der Schaden, den du an deinen Muskeln verursachst, wenn du sie infolge von Prinzip 1 und 2 mit schweren Gewichten überlastest, wobei kleine Risse in deinen Muskelfasern entstehen. Insbesondere exzentrische Bewegungen, bei denen die Sehne und der Muskel unter Spannung länger werden, verursachen viele Muskelschäden.
Training für Hypertrophie: So machst du es effizient
Wie bereits gesagt, ist das Training für Hypertrophie nicht dasselbe wie das Training für Kraft: Die beiden sind verwandt, aber nicht identisch. Aber wie trainierst du am effizientesten für den Muskelaufbau?
Schritt 1: Krafttraining
Die Muskelproteinsynthese, also die Herstellung von Muskelgewebe, ist ein komplexer körperlicher Prozess, der nur unter bestimmten Bedingungen eingeleitet wird. Eine dieser Bedingungen ist Spannung (oder im Englischen: "stress"). Und die beste Möglichkeit, diese Spannung zu erzeugen, ist durch Krafttraining.
Es gibt verschiedene Variablen im Krafttraining, die einen spürbaren Effekt auf die Menge des Muskelwachstums haben: Intensität, Volumen, Wiederholungsgeschwindigkeit, Übungstyp, Ruhepausen und Muskelversagen. Über die Ergebnisse einiger Variablen sind sich Forscher noch nicht einig, aber die wichtigsten Erkenntnisse für ein optimales Muskelwachstum sind bisher:
1. Intensität (1,2)
- Optimales Gewicht für Hypertrophie: 65% deines 1RM oder höher.
- Eine geringe bis mittlere Anzahl von Wiederholungen (eine sichere Spanne ist 8-12 Wiederholungen) funktioniert in der Regel besser als eine hohe Anzahl von Wiederholungen.
- Eine längere "time under tension" ist besser; für Hypertrophie ist eine Zeit von 40-70 Sekunden pro Satz eine optimale Spanne.
- Progressive Überlastung ist notwendig für Muskelwachstum.
2. Volumen (1)
- Eine größere Anzahl von Satzwiederholungen triggert mehr Hypertrophie als ein geringeres Volumen.
- Für die besten Ergebnisse scheinen Split-Routinen besser zu sein als Ganzkörper-Workouts.
-
Trainiere nicht länger als eine Stunde pro Trainingseinheit.
3. Wiederholungsgeschwindigkeit (1,2)
- Exzentrische Bewegungen (bei denen der Muskel länger wird, wenn die Intensität der Übung zunimmt) haben den größten Einfluss auf Hypertrophie.
- Für optimale Hypertrophie kombiniere langsame, kontrollierte exzentrische Bewegungen mit schnellen, explosiven konzentrischen (bei denen der Muskel kürzer wird, wenn die Intensität der Übung zunimmt) Bewegungen.
-
4. Übungstyp (1,3)
- Verschiedene Muskeln reagieren auf unterschiedliche Reize, daher solltest du eine Vielzahl von Übungen in deine Routine aufnehmen.
- Kombiniere dabei Compound-Übungen mit Isolationsübungen; besonders die letzte Gruppe darf für den Muskelaufbau nicht übersehen werden.
- Für den Muskelaufbau ist es wichtig, die Übungen auf einem stabilen Untergrund auszuführen, damit du optimale Kraft einsetzen kannst – lass die weichen Bänke und Plyoboxen lieber weg.
- Hypertrophie erfordert ein gutes Gleichgewicht zwischen möglichst hoher Spannung und gleichzeitig möglichst kurzer Erholungszeit. Aus diesem Grund sind Übungen mit Maschinen und Kabeln gute Optionen für den Muskelaufbau.
5. Ruhepausen (1,4)
- Eine durchschnittliche Länge der Ruhepause zwischen den Sätzen (60-90 Sekunden) ist der Gewinner, wenn es um Hypertrophie geht.
6. Muskelversagen (1,5,6)
- Trainierst du bis zum Muskelversagen (auch „to failure“ genannt)? Dies ist der Punkt in einem Satz, an dem deine Muskeln die Last nicht mehr bewältigen können und du die Übung nicht mehr (korrekt) ausführen kannst. Lange Zeit wurde angenommen, dass dies für maximale Hypertrophie notwendig ist.
- Die Wissenschaft ist sich jedoch noch nicht 100% einig, ob Muskelversagen wirklich essentiell ist. Zur Sicherheit empfehlen wir, etwa 30% der Sätze bis zum Muskelversagen auszuführen und den Rest knapp davor zu beenden.
Schritt 2: Ernährung
Man denkt oft, dass Muskeln im Fitnessstudio gemacht werden, aber das ist nicht ganz richtig: Erst zu Hause, während der Ruhephase, baut dein Körper Muskeln auf. Eine Voraussetzung dafür ist, dass dein Körper die richtigen Bausteine hat. Die bekanntesten und wichtigsten davon sind Proteine.
Für einen optimalen Muskelaufbau wird empfohlen, täglich 1,6 bis 2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu essen. Das ist eine beträchtliche Menge, daher kann es hilfreich sein, deinen Proteinbedarf täglich mit hochwertigen Proteinshakes zu decken.
Weiterlesen: Was sollte man für den Muskelaufbau essen?
Schritt 3: Erholung
Neben Training und Ernährung ist auch die Erholungszeit, die du deinem Körper gönnst, entscheidend für Hypertrophie. Jeden Tag im Fitnessstudio zu schuften, wird dir nicht die größeren Muskeln geben – im Gegenteil. Nach der nötigen Stimulation (maximal eine Stunde Training) ist es mindestens genauso wichtig, den trainierten Muskelgruppen ausreichend Ruhezeit zu geben, damit sie sich erholen und aufbauen können. Für Hypertrophie solltest du von 48 bis 72 Stunden Erholungszeit ausgehen.
Quellenangaben
(1) Schoenfeld, B.J. (2010). The Mechanisms of Muscle Hypertrophy and Their Application to Resistance Training.
(2) Wilk, M., Zajac. A. & Tufano, J.J. (2021). The Influence of Movement Tempo During Resistance Training on Muscular Strength and Hypertrophy Responses: A Review.
(3) Hernández-Belmonte, A. et al. (2023). Free-Weight and Machine-Based Training Are Equally Effective on Strength and Hypertrophy: Challenging a Traditional Myth.
(4) Grgic, J. et al (2017). The effects of short versus long inter-set rest intervals in resistance training on measures of muscle hypertrophy: A systematic review.
(5) Refalo, M.C. et al. (2022). Influence of Resistance Training Proximity-to-Failure on Skeletal Muscle Hypertrophy: A Systematic Review with Meta-analysis.
(6) Robinson, Z.P. et al. (2023). Exploring the Dose-Response Relationship Between Estimated Resistance Training Proximity to Failure, Strength Gain, and Muscle Hypertrophy.